Montag, 30. August 2010

Die liebe Schule - mein erster Tag!

7:00 früh - Guten Morgen!
Darf ich mich vorstellen, mein Name ist ab nun "bibi power"!

Unglaublich, aber wahr! In der Presänzliste wurde ich schwarz auf weiss als "Vivienne Power" erwähnt! Also mit viel Power musste ich echt in dieses Schulegebäude, dass einem Gefängniss bestimmt Verwandt ist! Gegen 7:50 kam ich dort an & ich wurde das neue Betrachtungsobjekt aller neugierigen, argentinischen Augen! Für mich allerdings hies es "AUGEN ZU & DURCH"! Alle kannten irgendwie meinen Namen & brachten mich, wie ein Fisch im Netz zum Sekretariat - dabei, nicht zu vergessen, waren alle Augen immer noch auf mich gerichtet! Im Sekretariat angekommen, wurde mir mitgeteilt, dass ich in die Klasse "4° Bachiller" komme - die lauteste & verrückteste Klasse, wie ich später mit Freude feststellen durfte! Während meinem Gespräch mit der Sekretärin, klebten draussen an den Scheiben, wie Fliegen, jene Schüler um das neue Geschöpf aus dem Nirgendwo zu betrachten. Ich kam mir vor wie ein Denkmal, dass alle umbedingt fotografieren wollen - ein waschechtes BibiPower-Foto!
Da ich in einer religiösen Schule bin, wird jeden Morgen das Vater-Unter & noch irgend ein anderes Gebet gebetet & dazu - natürlich - die Flagge gehisst! Alle wollten schon kehrtum zu ihren Klassenzimmern zurückgehen, wurden aber vom Direktor "El Hermano" (ein Mensch der sich zu fremder Haut hingezogen fühlt. Leicht pedophilisches Verhalten sehe ich in ihm!) in das Mikrofon brüllte: "STOP - ALLE STEHEN BLEIBEN! wir haben noch einen Neuzugang in unserer Schule - begrüsst alle unsere neue Mitschülerin "Bibienne Bauerre" mit einem saftigen Applaus! Als wäre das noch nicht genug drehten sich ALLE ca. 800 Schüler um & "beklatschten" mich! Mein Gesicht hätte man in einem Tomatenstand verstecken können & man hätte mich nicht gefunden!
Willkommen im "Instituto Ceferino Namuncara, Bibi!"
Mein "Fischernetz" brachte mich zu meinem Klassenzimmer, dass mit den Zimmern des Unterwallis zu vergleichen ist - alt, alles kaputt & kalt. Die Leute aus meiner Klasse sind wahrhaftig "loco" & jeder wollte irgendwie mit mir reden & wissen, was ich so mache! Selbst meine Sache wurden bis aufs kleinste Detail inspiziert.
8:00 - der Schuluntericht "sollte" eigendlich beginnen! Aber nein, der Lehrer schwatzt mit den anderen Gesellen, einige brüllen rum, die anderen sind mit Schlafen beschäftigt & vieles mehr. Die erste Stunde heute, galt eher einer Affenanstalt als einer Physikstunde! Was ich auch noch herrlich gefunden habe, dass mich jeder Lehrer, aber wirklich jeder einzelne, wiederum mit einem Kuss begrüsste & mich willkommen heisste! Aber gegen 11 Uhr habe ich mich schliesslich beruhigt & mich mit ein paaren "normal" unterhalten - d.h. wiederum mit Zeichensprache, da niemand fähig ist - oder wirklich wenige - English zu sprechen! Aber wird schon schief gehen.. Freue mich allenfalls auf das kommende Jahr! Am 21. September ist so eine Art "SpringBreakParty" am Lago Pelegrino - reeee bueno :-)

Sonntag, 29. August 2010

I say Disco - you say PARTY!

Party, Fiesta, Macarena, ChaCha, Tango, Disco, Boîte - alles zusammen!
Gestern durfte ich also, das erste mal mein Tanzbein auf südamerikanischen Boden schwingen. Wenn man es schwingen nennen darf. Getanzt wird hauptsächlich eine Art "Hinterteilschwingen mit Arme in die Luft schwingen & dabei die Haare schütteln!". Selbst unsere männlichen Geschöpfe zeigen keinerlei Scham & tanzen, bis ihnen die Haare zu Berge stehen. Aber irgendwie bin ich selber noch nicht so weit, dass ich mich zum Latina-Rythmus bewegen kann. Läuft mal etwas Europäisches, sieht man nur einige die dazu tanzen & der Rest ist damit beschäftigt, den DJ's praktisch auszu"buuhen"! Ein Wunder fliegen keine Früche auf die Schallplatten.. Apropros Rythmus, nicht nur an den Tanzrythmus muss ich mich gewöhnen, sondern auch an die Ausgangszeit! Gängig ist hier, dass man bis ca. 4:00 am zusammen am Tisch sitzt & erst einmal auf ein Paar Gläschen anstosst! Gegen 4:00 AM (!) macht dann erst mal die Disco auf & unsere Fiesta Macarena dauer bis ca. 8:00! Relativ hart, für jemanden wie mich, der "gängig" um 4 Uhr im Bett liegt. Von den Preisen war noch gar nicht die Rede - ein Tequilla-Shot bezahlen wir in der Schweiz rund 5 - 6 SFr.-! Hier kostet ein solcher umgerechnet ca. 60 Rappen - Santé!

Dienstag, 24. August 2010

Eindrücke, Ausdrücke - NO ENTIENDO!

"Argentinien? Dieses Land gibt es nicht. Es ist pure Prahlerei.
Argentinier, & besonders die Bewohner von Buenos Aires,
sind oberflächlich, frivol & snobistisch.
Politisch zählt Argentinien nicht. Und ökonomisch?
Die Militärs haben es ausgeraubt & ruiniert.
Argentinien ist ein Land, dessen Bewohner nicht
einmal Ihre eigene Währung akzeptieren"
(Jorge Luis Borges, 1989)

Argentinien - ein Aussenseiter in Südamerika. Es nimmt praktisch den gesamten Südteil des Kontinents ein & ist nach Brasilien das grösste Land - immerhin mit einer räumlichen Ausdehnung, die in etwa derjenigen Indiens entspricht. Selbst unsere kleine Schweiz könnte man ca. 67 mal in Argentinien quetschen. Es reicht von den Anden im Norden über die fruchtbare Pampa bis hinunter zur Eiswelt Feuerlands im fernen Süden. Aber es sind weniger seine landschaftlichen Extreme als seine Bewohner, die Argentinien zu einem ganz besonderen Land machen.
In Argentinien habe ich mich bis jetzt nie ausgeschlossen gefühlt. Dieses Land ist eines der Zuwanderer & Immigranten. In fast jedem argentinischen Herzen schlägt "falsches" Blut - insbesonders Europäer wie Italiener, Deutsche,..! Selbst meine Familie ist viertel Deutsch, viertel Italiener & halb Argentinien. Jeder dieser Zuwanderer hat ein kleines Stückchen seiner traditionellen Kultur mitgebracht, beispielsweise ein Stück italienische Pizza oder das englische Polo. Und daraus ist eine einmalige Mischung entstanden - kein Eintopf, sonder ein Gericht, in dem noch alle Zutaten zu unterscheiden sind.
Schon als ich im Taxi steckte um zu Helga Fourcade zu gehen, wurde ich vom Taxifahrer gefragt, wie es mir gefalle - obwohl ich das Land erst ein paar Minuten betreten habe. Er hat mir dann auch schon zu verstehen gegeben, dass in Argentinien die schönsten Männer sowie Frauen sind, die besten Steaks brutzeln, die besten Fussballer spielen & dass es überhaupt kein besserern Platz auf der Erde gäbe - wenn die Politiker nicht alle Diebe wären. Also stimmt es doch, dass Argentinier in einem solchen Masse von sich überzeugt sind, dass sie als arrogant gelten. Zum Stolzsein haben die Argentinier aber auch allen Grund. Nicht nur wegen ihrer generösen Natur, dich ich bis jetzt zu sehen bekam. Auch kulturell kann sich das Land mit Höchstleistungen schmücken - vom Tango ganz abgesehen.
Allgemein sind Argentinier weder bescheiden noch leise. Ein permanenter Lärmpegel liegt über der kleinen Stadt Cinco Saltos. Jeder spricht zugleich, und das immer lauter, ja man schreit sich geradezu an. Gequasel, Gewisper - keine andere Nation, neben den Italiener, schein mir so mittelungsbedürftig zu sein, geradezu leidenschaftlich dem Klatsch, dem Trsch, der Lästerei zu frönen wie die Argentinier - was übrigens insbesondere auf die Herren der Schöpfung zutrifft! Ja, es gibt wahrhaftig auch genügend Lästeronkels :-D!
Das mit der Zeit habe ich auch noch nicht ganz im Griff. Alles wird irgendwie um ca. 3h verschoben. Mittagessen gibt es an Wochenenden um 3 & Abendessen erst gegen 11. Wichtige Meetings werden erst gegen 24:00 Uhr durchgeführt. Nachts um 3 sind die Avenidas von Cinco Saltos stärker bevölkert als nachmittags zur Siesta - aber dies ist eher an Wochenenden so. Denn auch Argentinier müssen mal arbeiten oder zur Schule gehen - & am Montag werde ich fürs erste Mal die Schule betreten. Ich befürchte schlimmstes.

Übrigens, habe ich mich schon gut eingelebt. Alle behandeln mich als ihr Eigen & sind wirklich sehr liebenswert. Auch meine Familie hat sich langsam in mein Herz eingeschlichen. Vor allem meine Gastschwester Noe, die in Deutschland ein Austauschjahr machte! Ohne sie, wäre ich hier total ausgeschmissen - Danke NOE!

hasta pronto*

Sonntag, 22. August 2010

Das Land der Rechtsvortritte, Küsse & Kalorienbomben.

Endlich, nach ca. 29h Reise bin ich gestern angekommen. Ein Gefühlsmeer von Hochs & Tiefs brach durch mich durch als wir fürs letzte Mal Schweizer Luft atmen durften. Schon komisch, das Gefühl, zu wissen, dass man das Land, das man vorhin nur für kurze Zeit verliess, nun ein ganzes, langes Jahr nicht sehen wird. Ich erwähne schon gar nicht den Abschied von meinen Liebsten. Ein letzter Blick aus der Passkontrollscheibe genügteum eine Zeit mein Herz in Stillstand zu bringen & meinem Tränenfluss den allerletzten Kick zu geben. Glücklicherweise trat ich aber nicht alleine aus dem Land, sondern hatte noch 3 andere Schweizer (Meret, Mara & Delia - Danke euch 3) an meiner Seite. So stürzten wir zusammen ins grosse Abenteuer.

In Buenos Aires war ich zuerst wie verloren, irgendwie war niemand da mit einem Schild oder etwas anderem in der Art.. Nur ein älterer Mann mit "VIVE BAVER". Warm war irgendwie auch noch. Man sagte mir, dass es so kalt ist - also packte ich mich mit warmen Kleidern ein - Fehlanzeige - ES WAR SO HEISS! Alle Leute schauten mich schon schräg an. Peinliche Aktion # 1! Aber nun, was tun so allein? Dank unserem Rotary Blazer habe ich eine andere Austauschschülerin (Olivia) kennengelernt. Mit ihr machten wir uns auf die Suche, nach den verschollenen & versprochenen TaxiDrivers. Doch mein
e Spanischkünste liessen zu Wünschen übrig & ich konnte irgendwie niemanden fragen wie, wo, was ich jetzt tun sollen. Aber wie es mein Witzgott so will, war es natürlich das alte Männlein mit dem "VIVE BAVER"-Schild :D! Ich wurde, wie üblich, zuerst abgeküsst & vollgequastelt - nicken & lächeln - mein Geheimrezept bei Missverständnissen. Küssen ist argentinischer Volkssport - jeder, wirklich JEDE SAU, ob er dich jetzt
kennt oder nicht, drückt dir einen fetten Schmatzer auf die Backe & lächelt dich bis über alle vier Backen an. Aber das argentinische Volk ist echt symphatisch. In Buenos Aires hatte ich ca. 7h Aufenthalt & ging mit der Tochter meines Cousellers, Helga in einem Spurt durch Buenos Aires & besichtigte alles aus der Sicht eines Rennwage
nfensters. Heimatland, die BuenosAiresMenschen haben einen Zacken drauf. Die rennen Alle als ginge es um Peso & Che Guevara.
In Cinco Saltos/Neuquén angekommen, erwartete mich schon meine Familie mit Anhang. Alle strahlten mich an & ich war so erleichtert. Direkt nahmen sie mir meine ganze Baggage ab & führten mich zu ihren Autos. Aber fahren können die Argentinier alle nicht - egal ob da mal ein Kreisel ist, ob jetzt da 40 steht - es wird alles gebrochen - ob Regeln oder Stossstange! Allgemein sind die Strasse alle bolzen Gerade. Nicht eine kleine Kurve - diese Stadt ist zugepflastert mit Rechtsvortritten - Kontra für alle Junglenker. Aber hier darf sowieso jeder fahren, se
lbst mein 16jähriger Gastbruder, hat das Ste
uer schon lange im Griff. Auch wenn mal die Strasse nicht so gut gepflastert ist - egal, sie haben ja sowieso nicht so moderne Autos - "mach ich kaputt." :)! Alles egal hier! :D Heute habe ich meine Gasteltern gefragt, wann ich zur Schule gehen soll - egal, ich könne ja erst nächste Wochen gehen. Egal, egal, egal - was gibt es nicht schöneres als Tun & Machen was man will - nein nicht ganz, aber fast.
Auch mit der Sprache kommt's langsam. Viele Wörter im Argentinischen Dialekt sind zwar anders als im "richtigen" Spanisch, aber wird schon schief gehen. Beispielsweise sagen die Argentinier für du /"tù" - vos! Egal :)

Hach & bevor ich's vergesse - Essen hier ist toll. Ich fange schon gar nicht erst an vom Fleisch zu reden. Oder Facturas - nein, keine Rechnungen - herrlichstes Gebäck mit Dulce di Leche (argentinisches Nutella, einfach 1000x bess
er). Oder Pastelito - Blätterteiggebäck mit Konfitüre. ODER Mate - eine argentinische Tradition - ist eine A
rt Tee wo mein in einen Behälter Kräuter rein tut & mit einem speziellen "Röhrli" trinkt. Man hat mich vorhin schon gewarnt, dass man das überall trinkt - es ist wahrhaftig so. Überall, seis auf der Strasse, im Auto, bei der Eisbahn (ich war sogar scho
n Schlittschuhlaufen hier :) ) trinkt man Mate. Unglaublich, aber toll.


..bis dahin
hasta luego y nos escritos :)
beso - die argentinische bibienne, deren argentinischen Freunde keinen "V" aussprechen können.

Mittwoch, 18. August 2010

Das Leben im Schaufenster...

Von 51 zu 1 - morgen ist es so weit.
Es ist echt schwer, alles so zu realisieren. Man nimmt Abschied von den Letzten, manch Träne fliesst & du weisst, alles nur wegen dir. Ich fühle mich, als ob man mich in einem Schaufenster bei Loeb eingesperrt hat. Die ganze Welt dreht sich weiter, ausser mein Schaufensterplatz. Irgendwie bleibt alles stehen in meinem Sein. Entweder will ich es nicht wahrhaben, dass ich nun bald für ein Jahr von der Bildfläche verschwinde oder mein Körper hat extrem hormonelle Störungen, dass er sich weigert, dass Traurigkeitsgefühl rauszuspucken & mich weinen zu lassen. Selbst nicht richtig weinen konnte ich bis jetzt.

Komisches Gefühl die ganze Geschichte...
31h Flug stehen vor der Tür & zwingen mich in die Stützstrümpfe. Allein bin ich glücklicherweise nicht - drei Andere aus der Schweiz begleiten mich mit bis nach Buenos Aires.

Bis dahin,
hastamalaika, nos vemos en Argentina*