Argentinier, & besonders die Bewohner von Buenos Aires,
sind oberflächlich, frivol & snobistisch.
Politisch zählt Argentinien nicht. Und ökonomisch?
Die Militärs haben es ausgeraubt & ruiniert.
Argentinien ist ein Land, dessen Bewohner nicht
einmal Ihre eigene Währung akzeptieren"
(Jorge Luis Borges, 1989)
Argentinien - ein Aussenseiter in Südamerika. Es nimmt praktisch den gesamten Südteil des Kontinents ein & ist nach Brasilien das grösste Land - immerhin mit einer räumlichen Ausdehnung, die in etwa derjenigen Indiens entspricht. Selbst unsere kleine Schweiz könnte man ca. 67 mal in Argentinien quetschen. Es reicht von den Anden im Norden über die fruchtbare Pampa bis hinunter zur Eiswelt Feuerlands im fernen Süden. Aber es sind weniger seine landschaftlichen Extreme als seine Bewohner, die Argentinien zu einem ganz besonderen Land machen.
In Argentinien habe ich mich bis jetzt nie ausgeschlossen gefühlt. Dieses Land ist eines der Zuwanderer & Immigranten. In fast jedem argentinischen Herzen schlägt "falsches" Blut - insbesonders Europäer wie Italiener, Deutsche,..! Selbst meine Familie ist viertel Deutsch, viertel Italiener & halb Argentinien. Jeder dieser Zuwanderer hat ein kleines Stückchen seiner traditionellen Kultur mitgebracht, beispielsweise ein Stück italienische Pizza oder das englische Polo. Und daraus ist eine einmalige Mischung entstanden - kein Eintopf, sonder ein Gericht, in dem noch alle Zutaten zu unterscheiden sind.
Schon als ich im Taxi steckte um zu Helga Fourcade zu gehen, wurde ich vom Taxifahrer gefragt, wie es mir gefalle - obwohl ich das Land erst ein paar Minuten betreten habe. Er hat mir dann auch schon zu verstehen gegeben, dass in Argentinien die schönsten Männer sowie Frauen sind, die besten Steaks brutzeln, die besten Fussballer spielen & dass es überhaupt kein besserern Platz auf der Erde gäbe - wenn die Politiker nicht alle Diebe wären. Also stimmt es doch, dass Argentinier in einem solchen Masse von sich überzeugt sind, dass sie als arrogant gelten. Zum Stolzsein haben die Argentinier aber auch allen Grund. Nicht nur wegen ihrer generösen Natur, dich ich bis jetzt zu sehen bekam. Auch kulturell kann sich das Land mit Höchstleistungen schmücken - vom Tango ganz abgesehen.
Allgemein sind Argentinier weder bescheiden noch leise. Ein permanenter Lärmpegel liegt über der kleinen Stadt Cinco Saltos. Jeder spricht zugleich, und das immer lauter, ja man schreit sich geradezu an. Gequasel, Gewisper - keine andere Nation, neben den Italiener, schein mir so mittelungsbedürftig zu sein, geradezu leidenschaftlich dem Klatsch, dem Trsch, der Lästerei zu frönen wie die Argentinier - was übrigens insbesondere auf die Herren der Schöpfung zutrifft! Ja, es gibt wahrhaftig auch genügend Lästeronkels :-D!
Das mit der Zeit habe ich auch noch nicht ganz im Griff. Alles wird irgendwie um ca. 3h verschoben. Mittagessen gibt es an Wochenenden um 3 & Abendessen erst gegen 11. Wichtige Meetings werden erst gegen 24:00 Uhr durchgeführt. Nachts um 3 sind die Avenidas von Cinco Saltos stärker bevölkert als nachmittags zur Siesta - aber dies ist eher an Wochenenden so. Denn auch Argentinier müssen mal arbeiten oder zur Schule gehen - & am Montag werde ich fürs erste Mal die Schule betreten. Ich befürchte schlimmstes.
Übrigens, habe ich mich schon gut eingelebt. Alle behandeln mich als ihr Eigen & sind wirklich sehr liebenswert. Auch meine Familie hat sich langsam in mein Herz eingeschlichen. Vor allem meine Gastschwester Noe, die in Deutschland ein Austauschjahr machte! Ohne sie, wäre ich hier total ausgeschmissen - Danke NOE!
hasta pronto*
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